Stark, sensibel und mit Mut zur Angst.

Wer stark sein will, muss aufhören, gegen seine Schwächen zu kämpfen

 

Kennst Du das Gefühl, wenn gerade alles zu viel wird? Wie oft hast Du Dich in so einem Augenblick schon zurückgezogen und in Deine Höhle verkrochen? Worauf hast Du alles verzichtet wegen dieses Gefühls? Erinnere Dich einmal an eine solche Situation, in der alles zu viel war und frage Dich: War in diesem Moment vielleicht in Wirklichkeit von etwas zu wenig da?

 

Als ich bemerkte, dass ich ein völliges Ungleichgewicht gelebt hatte, begann ich aufzuräumen. Ich veränderte die Arbeitssituation und machte mich selbstständig. Ich trennte mich aus einer ungesunden Beziehung und baute mir einen neuen Lebensraum auf, in meinem Tempo, wie es mir guttat. Ich fing praktisch bei Null an und hatte offen gestanden eine panische Angst. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich damit auseinanderzusetzen und ich lernte: nicht jeder Verzicht ist ein Verlust.

 

Sensibel ja, doch nie wieder selbstlos!

 

Mittlerweile liegen diese Erlebnisse ein Jahrzehnt zurück und meine Entscheidung für mich, für meine Lebensqualität, stellt sich als eine gute heraus. Ich führe ein deutschlandweit agierendes Unternehmen, schreibe Bücher und begleite heute als Mentorin Menschen mit besonderen Herausforderungen. Meine Tochter ist eine selbstbewusste, für ihr Alter sehr reflektierte Schülerin und ich habe den Mann meiner Träume kennengelernt, mit dem ich heute zusammenlebe – und mit dem ich mir geschworen habe, immer ehrlich zueinander zu sein, auch wenn es weh tut, oder gerade dann.

 

Mut zur Angst

 

Sensibilität wird in unserer Leistungsgesellschaft häufig leider als Mimosenhaftigkeit und Kritikunfähigkeit gedeutet. Doch ich glaube, dass das Gegenteil der Fall ist. Je länger ich mich damit beschäftige, wie ich mein eigenes Leben gestalte, um mir und meinen Bedürfnissen ebenso gerecht zu werden wie denen meiner Tochter, meines Mannes, meiner Kunden usw., desto klarer wird mir: Eine erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit ist ein Geschenk und sollte auch so betrachtet werden. Natürlich kann es niemals das Ziel sein, daran zu erkranken. Doch je eher wir bereit sind, offen und ehrlich damit umzugehen, desto größer wird die Chance, allgemeine Akzeptanz für das zu bekommen, was die Fibromyalgie – und einige andere psychosomatische Erscheinungsbilder – aus meiner Sicht ist, nämlich eine körperliche Folgeerkrankung durch unsachgemäßen Umgang mit Hochsensibilität, und dass weitere Menschen aus unserer und der nächsten Generation davon verschont bleiben.

 

Ich möchte Dich einladen, ganz tief in Dich hinein zu fühlen und Dich zu fragen: Lebe ich so, wie ich leben möchte? Was ist mir zu viel? Und was zu wenig?

 

Auch wenn ich ganz sicher kein Ausnahmeexemplar bin, so bin ich doch die meiste Zeit meines Lebens glücklich. Ich denke, das ist Grund genug, es mir gleich zu tun.