Was wir versehentlich für Glück halten

Wenn Du meinen Blog liest, dann gehe ich davon aus, dass es auch in Deinem Leben schon einmal gesundheitliche Hürden gab und Du auf Deinem Weg bist, einen besseren Umgang damit zu finden. Früher fiel ich aus allen Wolken, wenn es mich plötzlich mal wieder umhaute, also körperlich. Wenn wir uns dieses, bei manchen Menschen immer wiederkehrende, Phänomen einmal genauer ansehen, können wir erkennen: Dass wir krank werden, liegt oft daran, dass wir unachtsam mit uns selbst umgehen. Das kann bedeuten, dass wir innerlich zu hart mit uns sind; oder, dass wir uns mehr Anstrengungen aussetzen, als uns gut tut.


Auch wenn es oft leichter ist, Gründe in besonderen Umständen oder emotionalen Konflikten mit anderen Menschen zu suchen, sind es aus meiner Erfahrung eben nicht überwiegend äußere Einflüsse, die uns krank machen. Nein, wir werden krank, weil wir uns Glück und Zufriedenheit von Sachen, Beziehungen, Karrierewegen, Lebensmodellen erhoffen, die bei näherer Betrachtung schädlich für uns sind. Neben meiner ersten Führungsposition, für die ich mich nebenberuflich fit machte, baute ich mit meinem damaligen Partner ein Haus – sehr viel in Eigenleistung, und schrieb an den Wochenenden als freie Autorin für die Bremische Tageszeitung Weser Kurier, selbst wenn mein Rücken tagelang weh tat und ich innerlich total erschöpft war. Die Gefahr dabei: Wer über eine längere Zeit hinweg lieblos mit sich selbst umgeht, wird mit der Zeit auch anderen gegenüber kälter.


Warum tat ich mir das an? Warum tun sich so viele Menschen ein solches Pensum an? Klar, wir leben in einer Leistungsgesellschaft: Jeder will Erfolg, Anerkennung, Ansehen und beliebt sein. Doch je mehr Aufmerksamkeit wir nach außen geben, desto weniger bleibt für uns selbst übrig. Die Folge:


Innere Signale werden überhört


Anstatt auf die innere Stimme zu hören, wird sich darüber hinweggesetzt, was dem Körper gut tun würde. Andere Dinge sind wichtiger. Was als Notlösung in einer stressigen Phase beginnt, führt zu einem ungesunden, unachtsamen Lebensstil, der zur Gewohnheit werden kann.


Wenn Lieblosigkeit also der Ursprung für Erschöpfung, Erkrankungen bis hin zum Nervenzusammenbruch ist, wie schaffen wir es dann, besser mit uns selbst umzugehen? Als ich erkannte, dass ich mir in verschiedenen Lebensbereichen selber Ketten angelegt hatte, die mich in meinem Hamsterrad einzwängten, leuchtete mir ein, was mir am meisten fehlte: Freiheit. Die Freiheit, mein Leben nach meinen eigenen Wünschen und Maßstäben zu gestalten. Mit meiner Sehnsucht, einem gesellschaftlichen Ideal zu entsprechen, mit 30 über eine Karriere, Haus und Kinder zu verfügen, baute ich mir sprichwörtlich das Gegenteil. Der Wunsch, so zu sein, wie andere mich haben wollten, wurde zu meinem Gefängnis. Und das machte mich krank. Erst als ich mich überwand, mich Stück für Stück von diesen äußeren Zwängen zu befreien, fand ich einen Weg, liebevoller mit mir selbst umzugehen – und fand damit zurück zu mir.


Leben, wie es mir entspricht


Als mir klar wurde, dass es für mich, für ein langes und glücklicheres Leben wichtig war, einige Umstrukturierungen vorzunehmen, listete ich auf: meine Bedürfnisse, zum Beispiel mindestens eine Mahlzeit pro Tag mit der Familie zu verbringen und meine Freundin öfter zu sprechen und zu treffen , meine Wünsche wie mehr Zeit für Yoga und Entspannung sowie mir Sehnsüchte zu erfüllen, zum Beispiel zumindest einmal pro Jahr einen Erholungsurlaub zu machen (und nicht nur Weiterbildungen). Ein Leben zu führen, das mehreren gerecht werden kann, muss erst einmal mir selbst gerecht werden. Es muss mir, meiner Natur entsprechen. Wie unser Gehirn brauchen auch unsere Zellen Zeit für Pausen, auch wenn wir nicht körperlich arbeiten. Egal, wie unser Alltag aussieht, Schlafmangel, Hektik und Überforderung entsprechen nicht unserer Natur.

Wie ich meine Zeit einteile, wo und wie ich arbeite, muss zu meinem Biorhythmus und zu meinen Bedürfnissen passen. Äußere Umstände spielen da eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist, welche Prioritäten Du für Dich setzt. Wo Du kompromissbereit bist und wo Du konsequent Grenzen setzt. Das ist nicht egoistisch, das ist Selbstliebe. „Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst“, steht schon in der Bibel. In der Reihenfolge wird ein Schuh draus. Als Gestalter Deines Lebens wirst Du Dich selbst mehr erkennen, Dir mehr gerecht werden und damit glücklicher sein. Das Glück ist nicht im Außen zu finden, nicht in Luxus, nicht in Schlagzeilen und nicht in Schönheitsidealen. Es ist in Dir. Ruhst du glücklich in Dir selbst, bist Du kein Bedürftiger mehr anderen gegenüber, die Dir Aufmerksamkeit, Anerkennung, Bewunderung und Liebe schenken sollen.

Jeder hat das Recht, sein Leben so zu gestalten, dass es nicht nur Ergebnisse bringt, sondern auch guttut. Solange Du Dir erlaubst, Dich selbst zu spüren (auch und gerade wenn der Körper laut wird), bist Du auf einem liebevollen Weg zu Dir und mit Dir. Hast Du heute schon in Dich reingehört und Dich ehrlich gefragt, was Dir gerade wirklich wichtig ist?

 

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