Sinnliche Genüsse für Glücksmomente

In einer Gesellschaft, in der Wachstum seit Jahrzehnten auf der Tagesordnung steht, wo Geld regiert und Empathie zum theoretischen Leitstern verkümmert, werden die Werte verzerrt, die das Leben tatsächlich lebenswert machen. Wo Anpassungsfähigkeit wichtiger wird als Inspiration und Entdeckergeist, braucht es nicht zu wundern, dass vielen Menschen der innere Antrieb, das innere Leuchten fehlt. Ein Gegentrend entsteht, indem immer mehr Yoga-, Motivations- und Selbstfindungskurse angeboten werden, die am meisten nachgefragten nicht-fachlichen Weiterbildungen sind Coaching-Ausbildungen. Wahrnehmungsfähigkeit wird in Gruppen geübt, weil es in unserer Alltagswelt keinen Platz mehr findet. Schneller, höher, weiter!

Während einige Menschen den Nachrichten und Unterhaltungsmedien nachgeben, machen andere ihre Selbstreflexion zu einem von vielen Tagesordnungspunkten innerhalb ihrer schier endlosen To-do-Liste. Wo bleibt da die echte Wahrnehmung? Wo bleibt Platz für das eigene Selbst?

In meinen Gesprächen mit Führungspersönlichkeiten, aber auch mit Menschen in meinem privaten Umfeld stelle ich mir immer häufiger die Frage, ob sie selbst überhaupt spüren, was in ihnen vorgeht. Nur zu oft höre ich versachlichte Argumente dafür, was sie eigentlich sagen wollten oder sollten: Ich finde mich selbst nicht mehr und weiß nicht, wie ich dahin komme. Wie ergeht es Dir, wenn du ehrlich in Dich hinein fühlst? Wie lang ist es her, dass Du Kontakt zu Deinem inneren Kern aufgenommen hast?

Wecke Deinen Sinn für Sinneseindrücke

Satt zu werden von Glück – was bedeutet das für Dich? Und wie viel glaubst Du zu brauchen, um innerlich erfüllt zu sein? Die großen geistlichen und spirituellen Lehrer predigen es schon lange: Meist genügt ein Stück vom Glück, um die Seele heilen zu lassen. Schenken wir dem Glauben, so eröffnet sich uns eine völlig neue Welt. Alles wird möglich – wie im Kleinen, so im Großen. Machen wir eine kleine Übung daraus! Ich bitte Dich, Dir fünf Mal Zeit für Sinneseindrücke zu nehmen. Mal reicht schon eine Minute, mal sind es fünf oder 60, das darfst Du ganz individuell gestalten.

  1. Für Deine visuelle Sinneswahrnehmung, suche Dir als erstes ein Bild, ein Foto oder einen Ausblick vom Berg oder im Park aus. Für Deinen visuellen Sinn dürfen die Helligkeit, die Farben, der Kontrast usw. ganz nach Deinem Geschmack ausfallen. Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst, um tief in die Atmosphäre, in den Ort, in das Geschehen einzutauchen, die Dein Bild mit sich bringt. Wenn Du Dich ganz präsent fühlst, versuche, Deinen Empfindungen Worte zu geben. Was fühlst Du in dieser Situation? Bist Du angenehm erregt? Oder atmest du frische Lust tief in Deine Lungen ein? Tankst Du Sonne auf? Was macht möglicherweise die Gesellschaft der Menschen auf Deinem Bild mit Dir?
  2. Gönn Dir Deine persönliche Duftoase. Vielleicht hast Du ein blumiges Parfum oder orientalische Räucherstäbchen, deren Duft Du förmlich in Dich einsaugst und mit dem sich bei Dir prompt ein erheiterndes Gefühl einstellt. Was macht dieses Aroma mit Dir? Welche Gedanken und Empfindungen nimmst Du wahr?
  3. Es darf genossen werden! Hast Du schon einmal ein kleines Stück Schokolade auf der Zunge zergehen lassen? Oder das Aroma Deines Lieblingssaftes oder Tees bewusst in seiner Entfaltung wahrgenommen? So langsam, dass Du selbst in den unterschiedlichen Regionen Deines Mundraums viele unterschiedliche Eindrücke sammeln konntest? Welcher Reichtum Dir geboten wird, wenn Du ihn zulässt?
  4. Bei dem Einen ist es das Vogelgezwitscher am Morgen, andere lieben sanfte Instrumentalmusik, um die Seele baumeln zu lassen. Wenn Du Dich einmal voll und ganz auf Dein Gehör einlässt, was wird in Dir geweckt? Ist es ein inneres Kribbeln, ein Loslassen und Entspannung? Oder bei stärkerer Musik vielleicht sogar ein pulsierendes Vibrieren?
  5. Als fünftes bitte ich Dich um die bewusste Wahrnehmung Deines Tastsinns. Welchen Stoff liebst Du auf Deiner Haut? Geht es Dir im positiven Sinn unter die Haut, wenn Du Dich sanft massierend eincremst? Vielleicht bist Du auch ein Mensch, der am liebsten in eine warme Badewanne eintaucht und sich ganz wohlig einhüllen lässt von Wärme und Schwerelosigkeit? Was passiert mit Dir, mit Deinem Körper, wenn Du Dich einige Augenblicke ganz Deinen Sinneseindrücken hingibst? Fühlst Du Dich beschwingt, erfreut, munter, befreit?

Wahrscheinlich hast Du eines dieser Experimente am meisten genossen, denn jeder Mensch hat seine Lieblingsbereiche, ist empfänglicher für Töne und Stimmen oder reagiert besonders sensibel auf Berührungen. Was es auch ist, es zeigt Dir, dass schon Kleinigkeiten, Augenblicke ausreichen, um ganz präsent im Moment anzukommen, den Fokus ganz auf die körperliche Wahrnehmung zu legen und festzustellen, dass Du sie Dir jederzeit selbst herbeizaubern kannst:

Kleine Inseln des Glücks

Bei mir schwingt in solchen Momenten eine große Dankbarkeit mit. Als sehr feinfühliger Mensch kann ich extrem tief empfinden, wenn ich mich darauf einlasse. Und je mehr ich mir erlaube, solche kleinen Pausen in mein Leben zu integrieren, desto größer ist die Ausbeute meines Glücksempfindens.
Doch mal ehrlich, wer denkt schon immer daran, eine solche Quality Time in seinem Alltag unterzubringen? Deshalb empfehle ich Dir, ein kleines Ritual für Dich zu entwickeln, auf das Du Dich jeden Tag freust. Vielleicht kannst Du es sogar mit etwas Nützlichem kombinieren. Wenn Du zum Beispiel gern frische Brötchen vom Bäcker frühstückst, nimm Dir morgens Deine Extrazeit fürs Sinne auftanken, indem Du den Weg über den Park wählst und dabei die frische Luft und die Naturgeräusche ausgiebig wahrnimmst und in Dich einsaugst. Gerade der Frühling bietet so viel Schönes! Die ersten bunten Blüten, die es zu entdecken gibt, mit ihnen die Tiere, die sich wieder vermehrt zeigen, der Duft von frischem Gras. Oder Du machst Dir jeden Tag einen kleinen Gabenteller mit Köstlichkeiten: etwas Obst, ein paar Nüsse und Samen, ein Quark mit Ahornsirup oder knackiges Gemüse mit Feigen-Walnuss-Dip... mir läuft das Wasser schon im Mund zusammen. Genieße es!

Deine Miriam

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